Was haben uns die 80er-Jahre eigentlich gebracht? Richtig: Modern Talking und den Begriff „Leuchtturmprojekt“. Modern Talking würden wir alle gerne verdrängen, aber auch der Begriff „Leuchtturmprojekt“ schleicht sich immer wieder in die Meetingräume und führt bei mir zu ähnlichen medizinischen Symptomen wie „Cheri Cheri Lady“.

Wikipedia: „Mit dem Begriff Leuchtturmprojekt wird ein vorbildliches Vorhaben bezeichnet, das neben dem eigentlichen Zweck auch eine Signalwirkung für zahlreiche Folgevorhaben haben soll. Neben dem Erfolg ist daher auch eine große Bekanntheit beabsichtigt. In Unternehmen wird dies gerne bei Richtungsänderungen oder Neuausrichtungen verwendet . Die Verwendung des Begriffs ist seit etwa 1980 nachgewiesen“

Den Begriff Leuchtturmprojekt höre ich in zwei Fällen:

  1. Die Sales-Leute haben (erfreulicherweise) ein neues Projekt an Land gezogen. Sie hoffen nun, dass ein erst zu 142% ausgelastetes Projektteam wie eine Motte ins Leuchtturmlicht fliegt und sofort starten will.

  2. Ein superwichtiger Kunde, meist aus dem Bereich „Food“ oder „Automotive“, ist der Meinung, man für dieses großartige Leuchtturmprojekt die Tagessätze mal eben um 50% senken könne, oder am besten arbeitet man kostenfrei - für die Referenz.

Ich habe da leichte Bedenken, denn wo viel Leuchtturmlicht ist, ist auch viel Schatten. Ist Euch eigentlich schon aufgefallen, dass Leuchttürme selten an einer gemütlichen Stelle stehen? Ein Leuchtturm steht dort, wo es ungemütlich ist: Klippen, Untiefen, Tod, Gefahr, Möwenscheiße.

Nach dieser Definition eines “Leuchtturmprojektes” ist man also als Dienstleister in der ständigen Gefahr, auf die eben erwähnten Klippen aufzulaufen oder auf Möwenscheiße auszurutschen. Das ist beides nicht schön, denn im Projekt kostet Ausrutschen bekanntlich Geld. Wenn man zusätzlich noch den Tagessatz senkt, liegt das Projektrisiko noch mehr auf der Seite des Dienstleisters. Aber was soll’s, dafür hat man ja diesen großartigen, wichtigen Kunden. Natürlich sollte man spannende Projekte mit Signalwirkung als Chance sehen und diese positiv angehen – aber bitte nur, nachdem man neben den Chancen und die Risiken systematisch bewertet hat, und diese auch permanent weiter prüft.